Interview

Christian Nagel, Galerist, Köln/Berlin
Textauszug
Christian NagelJ.K.:
Auch Sie konnten sich wie viele ihrer Kollegen der Sogwirkung, die Berlin derzeit ausübt, nicht entziehen. Im Städtevergleich zwischen Köln und Berlin hat die Domstadt die Vorreiterrolle eingebüßt. Aber ist in Berlin alles Gold, was glänzt? Die Kölner Szene ulkt gern, in Berlin gäbe es fast alles, aber keine Sammler. Auch für Berlin gilt die Spruchweisheit »Ohne Moos nichts los«.
C.N.:
Berlin ist eine aufregende Stadt, in der es mittlerweile allen Unkenrufen zum Trotz auch Sammler gibt. Jeder benutzt überall Distributionsmittel wie Internet, Versand etc., so dass der Standort als solcher letztendlich nicht die größte Rolle spielt. Köln als Herzstück des Rheinlandes hat zusammen mit Düsseldorf, Bonn, Krefeld, Mönchengladbach und Aachen immer noch die größte Dichte an Kunstinstitutionen, Sammlern und auch Künstlern in Deutschland und hat international keine geringere Bedeutung als Berlin.
J.K.:
Wir erfahren aus dem Feuilleton, dass der Jet Set die Kunst als Spielfeld entdeckt hat. Kunst als Unterhaltung für die Schönen und die Reichen, Kunst als neuer Glamour - beobachten Sie diese Entwicklung mit Freude, Gelassenheit oder gilt es gegenzusteuern?
C.N.:
Kunst sammeln ist die vornehmste Art Geld auszugeben sagte Max Friedländer Anfang des Jahrhunderts. Dies hat der Jetset leider nie verstanden. In London auf der Frieze drehen sie fast durch, wenn das eine Topmodel oder der andere Superstar auf der Messe eine kleine Zeichnung kauft. Ich glaube, das hat für den Kunstmarkt nicht wirklich eine Bedeutung. Auf der Art Basel Miami Beach war es fast unerträglich, wie viel Schickeria aus München oder Hamburg durch die Gänge stolzierte, dabei aber nicht im Geringsten an den Erwerb von Kunst dachte und die ihnen aus der Heimat bekannten Galeristen von der Arbeit abhielten. Jeder, der letztendlich ernsthaft sammeln will, ist natürlich herzlich willkommen.