Interview

Textauszug
Nicolas SchaffhausenJ.K.: In einem Faltblatt der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine (AdKV) heißt es, »Kunstvereine wagen stets das Experiment, noch nicht etablierte Kunst zu zeigen«. Hingegen haben die Kunstvereine für ihren Vorgänger Peter Weiermair keinerlei Zukunft. Bisherige Parameter verschieben sich: Museen entdecken ihr Herz für zeitgenössische Kunst und Kunstvereine agieren museal. Setzen die Kunstvereine ihre Existenzgrundlage durch eine museale Ausstellungspraxis leichtfertig aufs Spiel?
N.Sch.: Ihre Einschätzung teile ich insofern, daß die Museen versuchen für ein größeres Besucherpotential attraktiver zu werden, das logischerweise nur über Wechselausstellungen funktioniert. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Museum und Kunstverein ist die Handlungsfähigkeit und durchaus mögliche FlexibHität der Vereine, sie können spontan auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Ebenso unterliegen Kunstvereine nicht so stark dem öffentlichen Druck wie die Museen, sofern es um Besucherzahlen geht. Jedoch dürfen wir mit den Kunstvereinen nicht so weiterverfahren wie in den letzten Jahren, andernfalls setzen die Vereine ihre Existenz aufs Spiel. ...
... J.K.: Ständig sucht die Kunst neue Arbeitsfelder. Künstler stricken mit Behinderten, reparieren mit Jugendlichen Fahrräder, konzipieren Bio- Gasöfen für die Dritte Welt, halten soziologische Vorträge. Allenorts Entgrenzungen und Aufgabe eingeübter Demarkationslinien. Was halten Sie von diesen Arbeitsfeldern?
N.Sch.: Ich finde es langweilig, wenn Künstler einfach nur die Tätgkeit von anderen ersetzen. Ich finde zwar, das Ihre Beispiele sehr differenziert zu betrachten sind, aber sofern Künstler sich als Opfer darstellen oder sich Urteile über gesellschaftliche Prozesse erlauben, die sie gar nicht beurteilen können, verabscheue ich das und lehne das zutiefst ab. ...