Interview

Textauszug
Udo KittelmannJ.K.: Sie gelten als handfest, als jemand zum \"Anfassen\", der selbst mit aufbaut und schon mal mit Künstlern und Mit-gliedern ein Bier trinkt. Wie bestimmen Sie Ihr zentrales Arbeitsfeld, sehen Sie sich primär als Ausstellungsmacher oder Historiker, der bewertet, katalogisiert und einordnet oder als Direktor, der den Verein nach außen präsentiert und repräsentiert?
U.K.: Daß ich schon einmal ein Bier trinken gehe, unterscheidet mich ja nicht von anderen Menschen - und schon gar nicht, so könnte man sagen, vom \"Kölner an sich\". Kommunikation - ob mit oder ohne Bier - ist Teil meiner Aufgabe. In einer Institution wie einem Kunstverein ist man per se für vielschichtige, komplexe Aufgaben zuständig. Man ist im Grunde das \"Mädchen für alles\" und im besten Fall ein \"Hans Dampf in allen Gassen\". Als meine vorrangigste Aufgabe aber betrachte ich, daß ich für die Institution, der ich vorstehe, eine unverwechselbare Identität im Sinne eines eindeutigen Profils erarbeite, ja daß ich den Künstlern Ausstellungs-projekte ermögliche, die sie als notwendig erachten, und hierfür alle Mittel versuche zur Verfügung zu stellen. ...
...J.K.: Rirkrit Tiravanija rekonstruierte im Kölnischen Kunstverein sein New Yorker Apartment 1:1 und machte dem Publikum das Angebot, diese vor Ort geschaffene Situation Tag und Nacht zu benutzen: Sozialer Interaktio-nismus. Einige haben das Angebot angenommen und sich dort häuslich eingerichtet. Kochen, Fernsehen, Schlafen und dergleichen mehr waren angesagt. Kommunikation allemal. Kritiker warfen ihnen vor, Kunst und Alltag seien umstandslos in Eins gesetzt. Wie beurteilen Sie die Ausstellung aus heutiger Sicht?
U.K.: Gerade im Abstand von zwei Jahren halte ich sie für eine der wichtigsten Ausstellungsmanifestationen überhaupt. Es ist doch so, daß sich die Institutionen in ihren Strukturen immer wieder selbst in Zweifel ziehen müssen, wenn sie nicht in ihrer Entwicklung stehenbleiben wollen. Als Institution muß man kritisch mit sich selbst umgehen, und wie könnte das besser geschehen, als wenn die Kritik durch ein künstlerisches Projekt evoziert würde, sozusagen aus den eigenen Reihen käme. Und wenn Kunst und Alltag tatsächlich irgendwann eins werden sollten, dann kann man darin doch nur einen Gewinn erkennen - würde sich doch zumindest die eine große Frage erübrigen: Was ist Kunst? Denn schließlich könnte man darauf dann antworten: Es ist das Leben....