Interview

Textauszug
Christian NagelSie bevorzugen die sogenannte Kontextkunst. Kunst, die ihre eigenen Bedingungen hinterfragt und kommentiert. Bedingungen, unter denen sie entsteht, ausgestellt, gehandelt und rezipiert wird. Warum gerade Kontextkunst?...
Viele meiner Künstler stellte ich erstmals in Europa vor. Gern erinnere ich mich an diese euphorische Anfangszeit. Ich begann 87 mit Künstlern wie Fareed Armaly, Mark Dion, Andrea Fraser. Alles Positionen, die sich im Nachhinein als Kontextkunst herrausstellen sollten. Positionen, die über das auratische Kunstwerk hinausgehen, Werke, die in den Ausstellungen mit dem Kontext der jeweiligen Herkunft der Arbeit verbunden worden sind. Für mich war die auratische Kunst immer etwas, was es zu erweitern galt. Mitte der 80er Jahre hatte sich die sogenannte wilde Malerei durchgesetzt. Auch für amerikanische Künstler, wie zum Beispiel Jeff Koons, boomte der Markt. Flexible Objekte mit einem glänzenden Warencharakter wurden weltweit vertrieben und überschwemmten den Kunstmarkt. Jedoch vornehmlich eine Kunst, bei der die bare Münze im Vordergrund stand. Wir versuchten damals, dieser schnellen Konsumierbarkeit und Verwendbarkeit einen Riegel vorzuschieben. Die Weiterentwicklung der Kunst kam uns entgegen. Das Ding als Ganzes verlor an Attraktivität, die Kunst wollte mehr als nur auf sich selbst verweisen. Daher konnten meines Erachtens wichtige Fragestellungen in die Kunst hineinverlegt werden....
...Sie haben 94 maßgeblich dazu beigetragen, daß die Unfair-Galerien komplett von der Art Cologne übernommen wurden. Sie erhielten Beifall, aber auch Schelte. Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht die damaligen Ereignisse?
Es war sicherlich richtig, was wir gemacht haben. Ich halte die damaligen Wege der Integration der Unfair für absolut notwendig, weil auf diese Weise sowohl die Internationalität als auch die junge Kunst mehr zur Geltung gekommen sind. Beide Aspekte haben der Messe geholfen....
...Wir sprachen von Strukturveränderungen auf der Ebene Kunst, der Institutionen, der Vermittlung und des Marktes. Wie bestimmen Sie vor diesem Hintergrund das Galeriemodell der Zukunft? Wird es andere Formen der Präsentation und Vermittlung geben müssen?
Ich muß gestehen, daß die Vision an den pragmatischen Möglichkeiten zusammengeschrumpft ist. Ich will hier jetzt nicht lamentieren, aber die zeitgenösische Kunst hat vor allem in den letzten Jahren an Möglichkeiten verloren, ein breiteres Publikum anzusprechen. Ich habe in meiner zehnjährigen Auseinandersetzung mit zeitgenösischer Kunst erfahren, daß wenige überhaupt bereit sind, sich damit zu befassen. Joseph Kosuth hat einmal gesagt, außer den Beteiligten gibt es keine Besucher. Dies hat sich bis heute kaum geändert. Vielleicht war es ein Fehler anzunehmen, die Kunst mit marktwirtschaftlichen Kriterien bearbeiten und bewerten zu können. Kunst ist und bleibt eine Sache für wenige. Die Galerie, das Museum, der Kunstverein als Ausstellungsraum werden auch künftig ihre Bedeutung haben. Wichtig finde ich, die Arbeit jüngerer Galeristen zu beobachten, die Mitte zwanzig oder Anfang dreißig sind, und die ihre Ausstellungstätigkeit in den letzten Jahren begonnen haben. Möglicherweise entstehen hier die neuen Modelle der Zukunft....