Artist Ausgabe Nr. 97
Portraits
Louise Lawler | »Girls Can Tell« | Klara Lidén | Die 55. Biennale in Venedig | Manfred HoltfrerichPortrait
Juliette Blightman, Always there is a desire that impels and a convention that restrains…, 2013, Stoff, Kleiderhaken, Wandhaken, Malerei (gerahmte Reproduktion), Courtesy die Künstlerin und Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin, Foto: Tobias Hübel
Textauszug
»Girls Can Tell«»Girls Can Tell« heißt die neueste Ausstellung der Bremer Gesellschaft für Aktuelle Kunst, die mit Winterlings Arbeit startet. Was können Frauen heute erzählen? Was haben sie zu sagen? Wozu äußern sie sich und beziehen sie Stellung? Sind ihre Themen und Erfahrungen die gleichen wie vor rund 40 Jahren, als sich der Feminismus in der westlichen Welt als gesellschaftliche Bewegung und politische Kraft formierte, als Künstlerinnen mit großenteils plakativen Arbeiten und provokanten Aktionen gegen männliche Dominanz auftraten? Haben die überlieferten Protestanlässe und -formen noch Bestand, besitzen die ästhetischen Formate des Feminismus noch Gültigkeit?
Die stärksten Momente hat die Ausstellung da, wo Spannung und Kräftemessen, wo die Reibungsflächen und das Prekäre des Grundthemas mehrdeutig, gleichzeitig abstrakt und konkret verhandelt werden. So deutet Shannon Bools Objekt »Broken Pole« einerseits auf die Striptease-Stange hin, zugleich auf ein Trainingsgerät, das von Männern und Frauen genutzt wird. Zwei Stangen treffen mit ihrer Spitze in einer schwierigen Balance, an einem Null-Punkt aufeinander. Der Bezug zu Barnett Newmans berühmter Skulptur »Broken Obelisk« lässt einen historischen Wendepunkt assoziieren.
Die GAK-Ausstellung entzieht sich einer schnellen Lesart, die ausgewählten Positionen sind keine Illustrationen einer eindimensionalen politisch-programmatischen Haltung. Humor bekommt Raum. Auch Selbstironie ist erlaubt. Oberflächlichkeit ist ebenso wenig zu erkennen wie ein Verrat an »der Frauenbewegung«. Im Bewusstsein des Umstands, dass sich alte Formen nicht zuletzt aufgrund veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse abgenutzt haben, werden hier andere ästhetische Lösungen angeboten. In manchen Beiträgen ist der Brückenschlag zum Feminismus optional. Die Arbeiten verhandeln Fragen, nicht zuletzt Wahrnehmungsaspekte, die beide Geschlechter betreffen. Dies kann als Vorzug der Schau betrachtet werden. Bis zum 2. Februar 2014, GAK, Bremen
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