Artist Ausgabe Nr. 32

Portraits

Frank Gerritz | Joep van Lieshout | Stefan Kern | Walter Obholzer | Felix Gonzales-Torres

Interview

Ingvild Goetz

Page

Suse Wiegand

Künstlerbeilage

Thomas Bayrle

Edition

Beat Zoderer

Interview

Ingvild Goetz, Foto: Bernd Isemann

Textauszug

Ingvild Goetz
J. K.: Die einen sammeln Kunst, um im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen, die anderen wollen ihr Geld anlegen und es vermehren. Die einen behaupten, ohne Kunst nicht leben zu können, die anderen benutzen Kunst als Wandschmuck. Was macht für Sie die Faszination des Sammelns aus?

I.G.: Für mich ist die Spiegelfunktion des Sammelns entscheidend. Die Begegnung mit vielen Künstlern und ihren Werken hat meinen Horizont im Leben allgemein erweitert und meine Toleranz erhöht. Es sind aber auch ästhetische Momente, die das Sammeln interessant machen oder zum Beispiel gibt mir ein monochromes Bild an der Wand Ruhe oder etwas Meditatives. Man sammelt vor allem, um sich mit bestimmten Kunstwerken auseinandersetzen zu können. Es sind verschiedene Aspekte, die allerdings immer einen Bezug zu meiner eigenen Person haben. Vermögensvermehrung ist für mich kein tragender Gesichtspunkt; dann würde meine Sammlung sicherlich auch anders aussehen, da ich bestimmte Künstler und Kunsthandlungen nicht verfolge, obwohl ich ihr Wertsteigerungspotential erkenne...

J.K.: Gibt es etwas spezifisch Weibliches in der Kunst?

I.G.: Vor allem in den 90er Jahren hat die Kunst eine ganz besondere Wendung genommen und diese Entwicklung hat vornehmlich mit dem Einfluß der Frauen zu tun. Frauen haben oft eine Emotionalität und Ehrlichkeit, ich möchte fast das Wort outing gebrauchen. Die Frauen haben diese Emotionalität in die Kunst gebracht und den Weg freigemacht für junge Künstler wie Matthew Barney oder Felix Gonzalez-Torres, die ganz stark von diesem weiblichen Aspekt beeinfußt sind. Schade, dass Felix die wunderbare Ausstellung im Sprengel Museum nicht mehr hat erleben können...

Joachim Kreibohm