vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 58
Portraits
Markus Huemer | Yayoi Kusama | Corinna Schnitt | Zilla Leutenegger | Katja StrunzInterview
Ute Meta BauerPage
Achim Bertenburg | Andree Korpys | Markus LöfflerPolemik
Hans-Jürgen HafnerAusstellungen
»Adorno«Künstlerbeilage
Brigitte WaldachEdition
Axel LieberPolemik
Berlin, Kastanienallee, Foto: Raimar Stange
Textauszug
»Politische Kunst ist sexy«Ich kann es nicht mehr hören, sehen und lesen: politische Kunst darf nicht schön, ästhetisch oder gar sexy sein. Stattdessen soll sie dröge und ernst, vielleicht postkonzeptionell, auf jeden Fall theoretisch fundiert sein. Und sie darf sich möglichst nicht auf der durch und durch bürgerlich-genialen »Flachware« Leinwand ereignen.
Wo anfangen gegen diesen Wust von Vorurteilen, Missverständnissen und fast schon zwanghaft defensiven Reflexen, die vor allem dazu dienen sollen (imperialistisch-ideologisch) abgesteckte Terrains zu sichern? Vielleicht mit dem ältesten Hut dieser links gemeinten Rhetorik: Malerei sei die Kunst, die am meisten dem bürgerlichen Hang nach verkaufbaren und dann in Ewigkeit genießbaren Produkten entspreche. (Man denke nur an Gerhard Richter’s RAF-Zyk-lus.) Diesem pseudo- argumentativen Evergreen ist mindestens zweierlei entgegenzuhalten: Erstens hat längst auch die scheinbar völlig »werkfreie« Projekt- kunst oder die tendenziell ungenießbar- reduzierte Minimal-Kunst ihren erfolgreichen Einzug in die Vermarktungs- strategien des Kunstbetriebes gefunden. Zweitens ist das Genießen eben nicht nur eine bürgerliche Kategorie, sondern, emphatisch formuliert, ein Menschenrecht überhaupt. Und als solches gewinnt das Genießen dann überaus politische Qualitäten. Das Genießen klagt genau das ein, was real-existierende Systeme den in ihnen lebenden Menschen in immer größer werdendem Maße versagen. Außerdem, schon Karl Marx hat es festgestellt, wird verschwenderisch genie- ßender Luxus allein deswegen kapital- ismuskritisch, weil er sich der sonst üblichen wettbewerbsfördenden Re- Investition von Kapital verweigert.