Artist Ausgabe Nr. 54

Portraits

Hans Schabus | Jürgen Witte | Candice Breitz | Tacita Dean | Amelie von Wulffen

Interview

Veit Görner

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Peter Piller

Ausstellungen

»On Stage«

Künstlerbeilage

Stefan Wissel

Portrait

o.T., 2002, (aus: »Wo die Dämmerung grün ist«), Foto, Acryl, Tusche auf Papier, 30 x 42 cm, Privatsammlung

Textauszug

Amelie von Wulffen
Einprägsam und charakteristisch für Amelie von Wulffens Ästhetik der letzten Jahre sind ihre fragmentartigen Architekturbilder. Fotografien von Schwimmbädern, Museen, Hotellobbies und anderen öffentlichen Sphären und privaten Interieurs werden zerrissen, perspektivisch irritierend montiert und mit groben Pinselstrichen in Grau- und Brauntönen in leere unbestimmte Räume weitergezogen.

Die Orte, die hier thematisiert werden, verbindet eine Geschichte der kulturellen Verdrängung, sei es, daß die Vergangenheit bis zur Unkenntlichkeit ins öffentliche Leben sedimentiert oder sei es, daß durch Vernachlässigung sich die historische Bedeutung öffentlicher Topografien banalisiert.

In den Bildern öffnen sich die fotografisch angerissenen Motive malerisch oft zu Abgründen und unheimlichen unterirdischen Gängen wie in einer Version des »Museum für Römische Kultur«, in der der Boden aufreißt und eine malerische Sektion einen Totenkopf erahnen läßt. So sind die Architekturbilder also keine Collagen im eigentlichen Sinne, wie oft benannt. Das Malerische ist ein psychologischer Zusatz des fotografischen Abbilds, eine bedeutungsschwere Verstärkung und negative Umkehrung, eine mentale Fortsetzung in Unähnlichkeiten, wie die optische Logik eines Traumes. So erklären sich vielleicht die oft auftauchenden ausgefaserten malerischen Flächen, evokativ nur in ihrer modrigen Farbigkeit und in der Verstellung einer räumlichen Deutung. Was wie eine Komplettierung erscheint, ist tatsächlich eine weitere Dämonisierung der vorherigen fotografischen Splitterung des Motivs. Die Gewalt liegt aber nicht im willkürlichen Akt der Künstlerin, eben wild zu collagieren, sondern bereits in der kulturellen Geschichte des Motivs. Die Museums-Serie der Künstlerin wirkt wie ein mentales Protokoll, der Abdruck von Traumata.

Anke Kempkes