vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 52

Portraits

Dave Allen | Peter Sauerer | Cathy Wilkes | Mark Dion

Interview

Dirk Luckow

Page

Nina Schmitz

Polemik

Hajo Schiff

Künstlerbeilage

Klaus Schneider

Edition

Nina Schmitz

Portrait

Beautiful Human Body (Detail), ICA 2000, Courtesy The Modern Institute, Glasgow

Textauszug

Cathy Wilkes
Der Aufbau von Cathy Wilkes ist einladend. Man beugt sich gerne über die kleine Skulptur und folgt den verschlungenen Linien der roten und weißen Bänder, kniet vor dem stelzigen Tragegerüst um das zwar stabile, aber statisch verwirrte Aneinander zu begreifen. Ein paar Latten ragen seitlich heraus wie Fühler. Sie helfen aus dem engen Areal der Stäbe, Scheiben und Stoffbahnen heraus. Der Blick aufs Ganze zeigt einen ruhenden Torso: aufgerichtete Glieder, skelettige Stützen, die ausgestreckte Länge und dann noch dieses Wort auf dem Blatt, »HAND« (in einer älteren Version leuchtet dort ein schematisierter Mund). Die enorme Körperhaftigkeit wird von Cathy Wilkes sorgfältig kaschiert durch überdeutliche Konstruktion: Stäbe, Bretter, ein bißchen Kram horizontal und vertikal ausgebreitet zum kantigen Gerüst, konstruktivistisch und abgenagt. Doch das Gebilde liegt da wie eine halbsezierte Odaliske. Das Gegenteil von dem aus Marmor befreiten Löwen (der klassischen Bildhauerarbeit).

Cathy Wilkes macht das Poetische kantig. »Our Misfortune« liegt in Einzelteilen herum wie Boote, Tang, Wolken, Muscheln in der Seelandschaft. Verlorenheit und Präsenz verzichten auf jede Illusion und verschlingen sich zur plastischen Collage mit dem Geschmack von salziger Luft. Und der Boden? Wie eine Sandbank ragt die Installation aus der dunklen Oberfläche der lackierten Holzdielen. Wilkes ließ die Bretter umdrehen, auf gleicher Höhe erhebt sich die unbehandelte gemaserte Fläche in den Raum. Zwischen den Unterseiten der Möbel und der nun sichtbaren Unterseite der alten Bretter kann man sich einen nun vielfach gewendeten frischen Raum vorstellen, in dem das durch Schwerkraft und Handwerkergeschick festgefügte Oben und Unten, Davor, Darüber und Dahinter kulissenhaft unverbindlich wirkt. Aus Physik wird Grammatik und ganz natürlich fügen sich die Präpositionen dem Wollen der Kunst.

Catrin Lorch