vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 52
Portraits
Dave Allen | Peter Sauerer | Cathy Wilkes | Mark DionInterview
Dirk LuckowPage
Nina SchmitzPolemik
Hajo SchiffAusstellungen
»Zusammenhänge Herstellen«Künstlerbeilage
Klaus SchneiderEdition
Nina SchmitzPortrait
Mark Dion & Galerie für Landschaftskunst, Biologische Forschungsstation Alster, 2002, Modell 1:20, 28 x 25 x 106 cm, Courtesy Galerie für Landschaftskunst
Textauszug
Mark DionDie »Biologische Forschungsstation Alster« des amerikanischen Künstlers und Weltenbummlers Mark Dion (*1961 in New Bedford, Massachusetts) entführt in die Welt eines sammelnden und archivierenden, auf liebenswerte Weise etwas altmodischen Limnologen, eines Wasserkundlers also, der sich offenbar auf die Untersuchung und Erforschung des Lebens im und am Fluß verlegt hat. In einem Aquarium mit bräunlichem Alsterwasser windet sich allerlei Wurmgetier, auf den Holzregalen reihen sich etwas in die Jahre gekommene Biologiebücher zum Thema »Flora und Fauna im Wasser« aneinander, kleine, akribisch ausgeführte Zeichnungen und Studien von Entenfamilien, Fischarten und Schlingpflanzen füllen die Wände. Zahlreiche Präparate, Laborgläser, Käscher, Angeln und verschnörkelte Kaffeetassen mit Fischmotiven vermitteln den Eindruck, hier lebe und arbeite ein etwas spleeniger Wissenschaftler, der gerade seine Gummistiefel abgestreift und zum Trocknen aufgestellt hat und gleich wieder am Mikroskop Platz nehmen wird, um den nächsten Wasserfloh zu untersuchen.
Die »Biologische Forschungsstation Alster« ist eines der jüngsten Projekte des amerikanischen Künstlers Mark Dion, der sich seit den späten 80er Jahren mit ökologischen Fragestellungen und der Repräsentation naturwissenschaftlicher Erkenntnisse im Rahmen von Museen und öffentlichen Sammlungen beschäftigt. Dion: »Wiederholt werden die didaktischen Institutionen, die damit beauftragt sind, die natürliche Welt zu sammeln, zu definieren und auszustellen, zum Gegenstand meiner Untersuchungen: die Museen für Natur- geschichte. Diese Museen erweisen sich als jene Orte, an denen sich am ehesten ablesen läßt, wie eine herrschende kulturelle Gruppe ihre ‘Wahrheit’ über die Natur konstruiert, ausstellt und nutzbar macht. Eben hier finden wir die ‘offizielle Geschichte.«
Dion versteht sich darauf, enthusiastische Bewunderung mit feiner kritisch-analytischer Ironie zu vermengen. Vor zwei Jahren setzte er in der Kölner Galerie Christian Nagel zehn furchterregende Piranhas in ein Aquarium, welches flankiert war von allerlei Grünpflanzen, exotischen Früchten, naturwissenschaftlichen Folianten und einem Mini-Bulldozer. Das Ganze bezeichnete er kurzerhand nach dem für seine weltweiten Expeditionen berühmten preußischen Universalgelehrten als »Alexander von Humboldt (Amazon Memorial)«. Bei aller Liebe zum Detail dürften dem Betrachter Zweifel kommen, ob es sich hierbei um eine respektvolle Hommage an den großen Naturhistoriker des 19. Jahrhunderts, dessen schalkhaft-despektierliche Verulkung oder aber - ganz pädagogisch motiviert - um einen Appell zur Erhaltung des Regenwaldes handelt. Doch solcherlei Ambivalenzen gehören offenbar zu seiner künstlerischen Strategie. »Ich verbringe keine schlaflosen Nächte damit, weil solcherlei Widersprüche unauflösbar sind. Arbeit«, so Mark Dion, »sollte Spaß machen«.
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