vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 93
Portraits
Hans Op de Beeck | Christian Helwing | Vlassis Caniaris | Gillian Wearing | Elianna RennerPortrait
Child's Room, 1974, Mixed media installation, 150 × 250 × 160 cm, Courtesy the estate of the artist, Foto: Tobias Hübel
Textauszug
Vlassis CaniarisBei einem Besuch in der Berliner Galerie Giti Nourbakhsch entdeckte Janneke de Vries, Direktorin der Gesellschaft für Aktuelle Kunst
Bremen (GAK), ein interessantes Objekt: Ein kleiner Heizlüfter, liebevoll in ein wärmendes Hemd gewickelt und mit dem Kabel zu einem kompakten Päckchen verschnürt. Da sie gekommen war, um mit der Galeristin über Cathy Wilkes zu sprechen, schrieb sie die Skulptur automatisch der 1966 in Belfast geborenen Künstlerin zu und zeigte sich begeistert über deren neue Arbeit. Eine Fehleinschätzung, wie sie kurz darauf erfuhr. Das Objekt mit dem Titel »Coexistence« ist sogar älter als die vermeintliche Autorin. Es stammt aus dem Jahr 1964 und zwar von einem Künstler, von dem de Vries noch nie zuvor gehört hatte: Vlassis Caniaris. Sie begann zu recherchieren und fand heraus, dass Vielen der Name ebenfalls nichts sagte, aber die meisten Künstler ihn kannten. Grund genug, sich einmal näher mit ihm zu beschäftigen.
Vlassis Caniaris, 1928 in Athen geboren und 2011 dort verstorben, genießt in seinem Heimatland Ruhm und Anerkennung. International droht sein Werk jedoch, trotz Teilnahme an der Documenta 6 und der Biennale in Venedig 1964 und 1988, seit den 1990er Jahren in Vergessenheit zu geraten – zu Unrecht, wie die Verwechselungsgeschichte zeigt. Sie spricht nicht nur für das ästhetische Spannungsmoment der Skulptur, sondern bezeugt auch deren zeitgenössischen Charakter. Immerhin war Cathy Wilkes – um ein letztes Mal auf die Künstlerin zu sprechen zu kommen, um die es nicht geht – 2008 Anwärterin auf den renommierten Turner Prize. Bei ihr handelt es sich also eindeutig um eine Vertreterin der Gegenwartskunst.
A
soviel steht fest, auch wenn er ein gutes Viertel seiner 83 Lebensjahre im Ausland verbrachte. Teilweise tat er dies freiwillig aus Neugier und Lust am Reisen, teilweise unfreiwillig, wie zur Zeit der Militärdiktatur von 1967 bis 1974. Nach Aufenthalten in Rom, Berlin und vor allem Paris, kehrte er jedoch immer wieder in die Hellenische Republik zurück. Die Präsentation in der GAK ist die erste institutionelle Einzelausstellung außerhalb Griechenlands seit 1992 und liefert einen guten Einblick in seine künstlerische Entwicklungsgeschichte.
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