vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 102
Portraits
Nadira Husain | Thomas Baldischwyler | Elizabeth Price | Reinhold Budde | Berlinde de BruyckereInterview
Esther SchipperPage
Matthias RuthenbergPolemik
Raimar StangeThema
Hajo SchiffEdition
Korpys/Löffler/SchmalPortrait
BÜHNE # RAUM, Ausstellung in der GaDeWe, Bremen 2014, Ohne Titel, Bühnenmolton, grau, 250 x 1200 cm auf 650 cm gerafft, Stahlstange 670 cm, Halterungen, Stütze variabel, Lack auf Aluprofil, 6 x 6 x 268 cm, Spiegel auf Wand, Kunststoff Fashion Red, 250 x 100 cm, Foto: Jens Weyer
Textauszug
Reinhold BuddeSo kehrte er schließlich zurück – nicht zum Design direkt, wohl aber zu dessen disziplinierter Formsprache. Sie zeigt sich in monochromen Objekten, die isoliert betrachtet an Farbfeldmalerei erinnern, tatsächlich aber darauf ausgerichtet sind, den Raum zu erobern. Da sind etwa die rechteckigen Holzkörper. Immer wieder mit Bootslack lackiert, abgeschliffen und erneut lackiert, reflektieren sie hochglänzend Raum und Betrachter. Mal in Gelb, mal in Rot, sehr häufig in Schwarz.
Noch direkter wirkt die Inszenierung in »Bühne # Raum«. Eine Schau, die sich wie kaum eine zuvor auf die baulichen Bedingungen der Galerie des Westens in Bremen-Walle einlässt. Das graue Bühnenpodest rechts neben dem Eingang, eigentlich bloß die Abdeckung eines alten Bunkers, dient als Ausgangspunkt für eine buchstäblich theatrale Raumgestaltung.
So drängt die Malerei nicht allein heraus aus dem Bild und hinein in den Raum. Sie drängt darüber hinaus nach vorne in die Handlung, ins Performative, wie es zum Teil metaphorisch durch Theatervorhänge, zum Teil aber auch ganz unmittelbar durch Provokation eines bestimmten Publikumsverhaltens geschieht. Und auch darin zeigt sich eine Erwiderung auf veränderte Verhaltensstrukturen: Verlagert sich doch mit der Wahrnehmung auch das aktive Handeln sukzessive aus dem realen Raum in die digitale Fläche.
Budde bedient sich dabei theatraler Mittel, lässt sich erklärtermaßen inspirieren von der Dramatik Heiner Müllers und der reduzierten Formsprache des vor einem Jahr verstorbenen Regisseurs Dimiter Gotscheff. Und doch scheinen immer auch Strukturen der Designästhetik durch, etwa in der Bildung klassischer Gegensatzpaare. Da trifft die Reflexion auf Absorption, das Horizontale auf das Vertikale, rund auf eckig, Aluminium auf Stoff, hart auf weich. Und wer sich aufs Podest hinter den roten Vorhang begibt, der sieht als Gegenstück unscheinbar im Eck einen Stapel gelbes Papier auf dem Boden liegen. Es ist eine wohldurchdachte Ordnung von Symmetrien und Kontrasten, die dieses Raumverständnis dominiert, so präzise strukturiert, dass selbst die Momente der Irritation darin wie eine logische Konsequenz erscheinen.
Bei aller formalen Stringenz liegt aber eine poetische Kraft in dieser Kunst, die Ordnung verflacht niemals zur bloßen Mathematik, die Form nicht zur Hülle. Das liegt zum einen an bestimmten Setzungen, die sich rationalen Kriterien entziehen, wie etwa der Verzicht auf Blau und Grün. Zum anderen mag in dieser Ästhetik noch eine meditative Energie nachwirken, die einst die Arbeit an den ersten monochromen, flächigen Bildern gekennzeichnet hatte.
Das Nachdenken über Form, Farbe, Raum und Zeit, so viel ist jedenfalls gewiss, hat sich noch lange nicht erledigt. Und in der Kunst von Reinhold Budde verspricht dieser Prozess auch künftig einen hoch ästhetischen Ausdruck zu finden. Nur blau oder grün wird er wohl nicht sein.
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