vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 73
Portraits
Christian Helwing | Mark Manders | Berresheim | Haegue YangInterview
Sabrina van der LeyPage
Sven JohnePolemik
Thomas WulffenAusstellungen
»Gesellschaftsimageer. Zeitgenössische Malerei«Künstlerbeilage
Tilo SchulzEdition
Ralf TekaatPortrait
Writing Machine, 2004, Mixed Media, 250 x 245 x 280, Courtesy Zeno X Gallery, Antwerpen, Installationsansicht Kunstverein Hannover, Foto Raimund Zakowski
Textauszug
Mark MandersAuch die Installation »The Absence of Mark Manders«, die sich wie ein Stationendrama entwickelt oder wie die Kapitel eines Romans, thematisiert mit den Sujets Selbstporträt, Erinnerung und Abwesenheit nicht nur Stoffe der Bildenden Kunst, sondern vor allem fundamentale Motive des Schreibens und der Literatur. Dabei bezeugt die Abwesenheit von Mark Manders in seinem Werk zugleich seine Anwesenheit. Denn wenn Wirklichkeit und Fiktionalität nicht miteinander verwechselt werden dürfen, sind sie doch aufeinander bezogen. Ihr Verhältnis ist ähnlich spannungsvoll und widersprüchlich wie das zwischen Autor und Erzähler im Buch. Auch sie sind unterschiedliche Personen und nicht miteinander zu verwechseln. Und doch ist der Autor im Erzähler stets zugleich an- und abwesend, pocht sein Blut in ihm und in seinem Werk. Und sei es nur, weil sein Stil der besondere Ausdruck des Autors ist. »Madame Bovary, c‘est moi«, pflegte Flaubert das Verhältnis zwischen sich und seiner Welt berühmten Romanfigur zu charakterisieren.
Seinem Protagonisten leiht Manders unterschiedliche Charakteristika; wir finden in ihnen griechische, etruskische und asiatische Züge, so dass sie zudem seltsam Zeit enthoben erscheinen. Sie sind eher Chiffren einer überzeitlichen, wenig kommoden condition humaine als Menschen. Dasselbe trifft für die Apparaturen, Konstellationen und Situationen zu, in die sie Manders einspannt. Auch sie changieren zwischen Realismus und Artifizialität, zwischen Modell und Schimäre. Den schwankenden Eindruck stützt der Künstler, wenn er vieles selbst baut und mit Versatzstücken aus der Wirklichkeit mischt. Manders ebenso präzise wie fantasmagorische Installationen sind selten bis ins letzte auflösbar. Ready made und metonymische Anspielung verbinden sich mit freier Erfindung und fremdartiger Konstruktion. Wiederkehrende Motive sind riesige Kameras, um das Bild des Menschen zu fixieren, Schreibmaschinen, um es schreibend fest zu halten, Fabriken, in denen er zugerichtet wird und Bürokratien, die ihn verwalten. Nächtliche Szenerien steigern den Schrecken des Tages. Alles ist in das Schwarz einer Abgrund tiefen Melancholie getaucht. Das Entfremdungspotential des Manders-Werkes ist beträchtlich. Karl Marx und Franz Kafka stehen Pate. Letzteren bewundert und beneidet Manders. Eben weil er in der Lage ist, allein mit der Kraft seiner Sätze Schreckensszenarien, Ausweglosigkeiten und mörderische Maschinen zu bauen.
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