Artist Ausgabe Nr. 43

Portraits

OLAF NICOLAI | RUPPRECHT MATTHIES |  Björn Dahlem | GISELA KLEINLICH | Lothar Ebner |  JASON RHOADES

Interview

Meyer Rieger

Page

Christian Flamm

Polemik

Stephan Berg

Künstlerbeilage

Anny Öztürk

Interview

Textauszug

Meyer Rieger
J.K.: Ihre Künstlerliste umfaßt Namen wie Franz Ackermann, Korpys/Löffler, Jonathan Monk, John MiIIer, Peter Pommerer, Daniel Roth, Silke Schatz, Silke Wagner und Corinne Wasmuht. Nach welchen Kriterien haben Sie sich für Ihre Künstler entschieden?

J.M.: Zwar gab es anfangs noch keine feste Künstlerliste, allerdings ein bestimmtes Interesse an einer Form von künstlerischer Sprache, die ich am ehesten - mit den Polen konzeptuelle Stärke einerseits und eine bestimmte poetische Qualität andererseits - beschreiben kann. Mit einigen Künstlern wie John Miller, Daniel Roth, Volker Möllenhoff oder Richard Hoeck bestand bereits zu Beginn eine Zusammenarbeit, zumeist Künstler, die wir in unseren bisherigen Ausstellungen gezeigt hatten. Andere Künstler lernten wir erst im Laufe der Zeit kennen. Silke Schatz Arbeiten sahen wir beispielsweise in einer Ausstellung in der Kunsthalle Recklinghausen zum ersten Mal. Nachdem wir uns gemeinsam in der Galerie trafen, hat uns neben der Qualität derArbeit das Verhältnis der Künstlerin zu ihrem Werk beeindruckt. Formensprache, Handwerklichkeit einerseits, die Nähe zur Wirklichkeit, der eigenen Biographie, zum Profanen andererseits haben uns innerhalb kurzer Zeit zu einer Zusammenarbeit bewogen. Manchmal fallen diese Entscheidungen ziemlich schnell, sofern man gleich den Eindruck hat, daß sich hier Interesse und Sympathie decken. Eine Zusammenarbeit zwischen Künstler und Galerist ist in den meisten Fällen eine langfristige und sehr persönliche Beziehung.

T.R.: Wir vertreten fast ausschließlich Künstlerinnen, die in unserem Alter sind. Im Laufe der Jahre entwickeln sich dann Freundschaften, wenn sie nicht schon im Vorfeld bestanden haben. Der enge Kontakt, den wir zu all unseren KünstlerInnen pflegen, ist wesentlicher Bestandteil unserer Galeriearbeit. Im übrigen verstehen wir unsere Arbeit als Galeristen nicht darin, ein fertiges Programm festzuschreiben, um es dann durchzusetzen. Nach wie vor besuchen wir viele Künstlerinnen und versuchen immer wieder, neue Positionen in unser Programm zu integrieren.

J.K.: Wieviel Galerien braucht ein Künstler?

T.R.: In dem Prozeß, in dem sich einige unserer KünstlerInnen gerade befinden, wird es zunehmend wichtiger, die Zusammenarbeit mit weiteren internationalen Galerien genau auszuloten. Wir glauben, daß die richtige Mischung der Galerien bedeutsam ist. Es macht keinen Sinn, wenn junge KünstlerInnen außerhalb unserer Galerie ausschließlich mit älteren, etablierten Galerien zusammenarbeiten, obwohl diese oft in einem ganz anderen Feld für die KünstlerInnen tätig werden können, als es uns oder einer anderen Galerie unserer Generation möglich wäre. Wichtig war es wiederum für uns, sofern eine Zusammenarbeit mit diesen Galerien stattfindet, unsere »Muttergaleriekompetenz« mit allen oben beschriebenen inhaltlichen und finanziellen Konsequenzen durchzusetzen. Einige unserer jungen KünstlerInnen sind in ihrer Entwicklung mittlerweile so weit, daß sie einer potentiellen neuen, noch jüngeren Galerie vielleicht durch eine Zusammenarbeit denselben Rückenwind geben können, wie wir es beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit John Miller oder Franz Ackermann erfahren haben. Generell ist weniger jedoch oft mehr.

J.K.: Häufig behaupten Galeristen, es werde direkt aus dem Atelier an ihnen vorbei gekauft. Haben Sie Grund zur Klage?

T.R.: Nein, das ist immer eine Vertrauenssache, die durch das Verhältnis zwischen den Künstlerinnen und uns bestimmt ist. Wenn eine Anfrage an unsere Künstlerinnen direkt gerichtet wird, verweisen sie immer auf uns als Galerie, d.h. auf den Ort, wo die Verkäufe abgewickelt werden. ...

... J.K.: Künstler beziehen das Publikum als Mitautor oder Vollender des Werkes ein, arbeiten prozeßhaft oder verstehen sich als Dienstleister. Diese veränderten Produktionsbedingungen erfordern neue Vermittlungsstrategien. Greifen Sie in die Produktion und Ausstellungskonzeption Ihrer Künstler ein, ist Ihnen eine Zeichnung nebst Rahmen und Passepartout genehmer als eine Installation von Franz Ackermann? ...

TH.: Im Vordergrund steht zunächst immer die Ausstellung selbst und nicht die Verkäuflichkeit. Viel wichtiger ist es, daß die künstlerische Position deutlich wird. Für uns und Franz Ackermann beispielsweise war es in seiner ersten Präsentation in unseren Räumen wichtiger, eine große Installation zu realisieren, in der die verschiedenen konzeptuellen Stränge seiner Arbeit sichtbar wurden, als eine Malereiausstellung zu zeigen.

J.M.: Silke Wagner machte genau dies zum Thema ihrer ersten Einzelausstellung. Zu ihrerAusstellung »Drehbücher« hat sie 18 Kunstkritikerlnnen eingeladen, ein »Drehbuch« zu entwickeln, das sich mit der Problematik ihrer ersten Galerieausstellung auseinandersetzte. Die Ausstellung konstituierte sich lediglich über die verfaßten Texte. ...

Joachim Kreibohm