vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 33

Portraits

Christiane Möbus | Wolfgang Ellenrieder | Boris Becker | Franz Ackermann

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Regina Möller

Polemik

Stephan Berg

Künstlerbeilage

Margret Eicher

Interview

Textauszug

Stephan Schmidt-Wulffen
J.K.: Die Kunstvereine sind ins Gerede gekommen. Für Peter Weiermair haben die Kunstvereine keinerlei Zukunft, hingegen spricht Annelie Pohlen davon, die Zukunft der Kunstvereine könne noch spannender werden als ihre Gegenwart. Die alte Rollenverteilung zwischen Kunstvereinen und Museen ist obsolet geworden. Neben Kunstvereinen, städtischen Galerien und Künstlerhäusern präsentieren inzwischen auch Museen zeitgenössische Kunst. Die Museen erweitern ihr angestammtes Terrain und versuchen, sich auf dem Feld zeitgenössischer Kunst zu bewähren. Zum einen ist diese Entwicklung zu begrüßen. Andererseits können wir beobachten, daß Kunstvereine auf diese Veränderungen museal reagieren, so daß die ursprünglichen Differenzen von Museen und Vereinen mehr und mehr nivelliert werden. Andere Kunstvereine wiederum reagieren programmatisch, indem sie sich nur auf einen Ausschnitt innerhalb zeitgenössischer Kunst konzentrieren. In welcher Weise haben sich die Kunstvereine dieser Entwicklung zu stellen?

S.S.-W.: Sicherlich sind diese Veränderungen, von denen Sie sprechen, unstrittig. Das klassische Operationsfeld der Kunstvereine ist eingeschränkt. Bis Anfang der 70er Jahre gab es nur eine Institution in Hamburg, die überhaupt Wechselausstellungen machte. Und das war der Kunstverein. Inzwischen haben wir Tausende von Quadratmetern, die für Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst genutzt werden. Das muß nicht unmittelbar eine Bedrohung sein für die Politik der Kunstvereine. Wir hier in Hamburg fahren ein sehr präzises Programm, das von keinem der anderen Häuser bedient wird. Damit haben wir eine gewisse Berechtigung in der Kunstmeile. Natürlich konkurrieren wir alle um dasselbe Publikum, das jedoch nicht zahlreicher geworden ist. Nur das Ausstellungsangebot ist größer geworden. Wir dürfen die Tatsache nicht außer acht lassen, daß wir feste Mitgliedschaften, ein Stammpublikum haben, das wir ganz anders einbinden können in das Ausstellungsgeschehen als das Laufpublikum. Die Kunstvereine müssen sich stärker als Dienstleister profilieren und für ihre Mitglieder die Rolle des Pfadfinders in diesem allgemeinen Kunstgeschehen übernehmen. Das aktuelle Kunstgeschehen zielt immer mehr auf Diskursivität, auf die Diskurse der Bilder innerhalb der Kunst und auf die Diskurse außerhalb der Kunst. Wir müssen unser Ausstellungsgeschehen diskursiver organisieren, d.h. Typen von Veranstaltungen entwickeln, die stärker ineinandergreifen und wirklich auf den Dauernutzen zielen...

J.K.: Aus der Ablehnung eines emphatischen Autonomiebegriffs folgt doch keineswegs, kunstimmanente Fragestellungen seien längst obsolet.

S.S.-W.: Doch, das denke ich. Die Künstler sollen aufhören, über sich und über ihre Arbeiten nachzudenken. Das haben sie jahrzehntelang gemacht. Der Künstler kann nur als Saboteur arbeiten. Wir erwarten vom Künstler kritische Distanz in einem System, das ihn aber in Grenzen bestimmt und in dieser Zwiespältigkeit kann er im Grunde nur das Instrumentarium, das alle benutzen, selber aufgreifen. Aber er kann es mißbrauchen. Ich kann durchaus eine autonome Skulptur wieder in den öffentlichen Raum stellen. Nur darf ich an diese Autonomie nicht glauben, sondern ich weiß, daß sie eine Autonomie der zweiten Potenz und Ausdruck einer gewissen Kunstüberzeugung ist...

Joachim Kreibohm