Artist Ausgabe Nr. 77

Portraits

Andrea Pichl | Joseph Marioni | Till Krause | Sofia Hultén | Nedko Solakov | Tobias Rehberger

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Herwig Gillerke

Künstlerbeilage

Thomas Behling

Edition

Astrid Nippoldt

Portrait

Yellow Painting, 2002, Acrylic and linen on stretcher, 259 x 274 cm, Courtesy Galerie Mark Müller, Zürich

Textauszug

Joseph Marioni
Die praktische Arbeit am Bild, die Praxis beginnt für Marioni mit der Entscheidung für eine Farbigkeit - seit Aufgabe der strengen Monochromie Mitte der achtziger Jahre baut sich jedes seiner Bilder aus verschiedenfarbigen Schichten auf, der Eindruck von Farbe resultiert bei ihm aus der Interaktion von Farben. Die jeweilige Farbwahl ist Resultat einer persönlichen Vorliebe, die durch das Farbempfinden des Künstlers bestimmt ist. Im Zentrum seiner Entscheidungen steht die Farbe, die Forderung, der Farbe zu entsprechen und sie so angemessen und präzise wie möglich zu entfalten. Es gilt die gewählte Farbe und keine andere zu malen, das bedeutet, sie wie keine andere Farbe zu malen - »A yellow painting has to be painted yellow« heißt es bei ihm und meint die enge Korrespondenz von Farberleben und Farbmalen.

Was aber ist das Wesen der Malerei und was soll so intensiv erfahren werden? Für Marioni ist die Antwort ebenso klar wie einfach: Farbe ist das Wesentliche der Malerei. Die exklusiv dem Auge vorbehaltene, begrifflich nicht wirklich fassbare Farbe ist das Alleinstellungskriterium der Malerei gegenüber allen anderen Kunstformen, sie ist als gemalter Farbstoff und gesehener Farbton, als »paint« und »color« die Essenz seines Werks. Lebendig und wirklich erfahrbar wird sie durch das Licht. Das immaterielle Licht durchdringt die materiellen Farbschichten, öffnet das Bild, zeigt es, lässt es seine Farbe erst mitteilen. Für Marioni begründet diese enge Beziehung zwischen Farbe, Licht und Sehen, zwischen Materiellem und Immateriellem das spirituelle Potential seiner Malerei, sie ist »die Kunstform für die Präsentation eines immateriellen Lichts«.

Jens Peter Koerver