Artist Ausgabe Nr. 87
Portraits
Heinrich Modersohn | Gerwald Rockenschaub | Alicja Kwade | Angela Bulloch | Luis GordilloInterview
Hubertus GaßnerPage
Brigitte WaldachPolemik
Dieter FroelichEssay
Raimar StangeKünstlerbeilage
Wolfgang EllenriederPortrait
o.T., 3.2011, Tusche auf Leinwand, 160 x 170 cm, Foto: Manfred Wigger, © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Textauszug
Heinrich ModersohnEr hat ein gebrochenes Verhältnis zur Malerei, eine tief sitzende Skepsis gegenüber ihrem Allmachtsanspruch und ihrer Renaissance auf dem Kunstmarkt. Dass Heinrich Modersohn nach Jahrzehnten künstlerischer Arbeit selbst bei der Malerei gelandet ist, muss kein Widerspruch sein. Von den Randzonen hat er sich seit den siebziger Jahren der malerischen Mitte genähert, hat mit der Fotografie begonnen, auf die sich seine Arbeiten oft weiterhin beziehen, hat Pinselzeichnungen, Holzdrucke und seit den späten neunziger Jahren Aquarelle gefertigt. Wenn er jetzt also auf der Leinwand angekommen ist, dann mit einem reichen formalen und technischen Repertoire, das seine Bildfindung ins Spannungsfeld unterschiedlicher Medien setzt. Er habe, bemerkt Modersohn, plötzlich einen Ton, eine Sprache gefunden, die seine ambivalente Haltung zur Malerei spiegelt. Und damit einen Dammbruch verursacht. »Einfach loslegen!« Die letzten sechs Monate waren ungeheuer produktiv.
Die zahllosen Metamorphosen bis hin zur Abstraktion sind vor allem der Sehnsucht nach Reduktion geschuldet. Und seinem produktiven Zweifel: »Reduktion ist immer etwas, was man noch vor sich hat.« Auch in Zukunft wird das mannigfaltige Nebeneinander der Medien den künstlerischen Alltag bestimmen, die nächste ausgedehnte Phase mit Holzdrucken ist für den Sommer geplant. Doch die Entwicklung des malerischen Werks wird von jener frischen Arbeit aus weitergehen, die - 160 mal 170 Zentimeter groß - auf nur zwei Farben, auf Rot und Grau und die Grundierung beschränkt ist. Auch weil der dynamische Duktus der All-over-Untermalung und das stabile, backsteinartige Gitter darüber eingängig vom kontrapunktischen Prinzip der Komposition erzählen. Das kann fortgeschrieben werden. Einige Spuren des Arbeitsprozesses mögen überflüssig sein und lassen sich noch tilgen. Der Vortrag mag gelassener, klarer, vielleicht lapidarer werden. Und damit das Risiko höher: Warum überhaupt malen?
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