Artist Ausgabe Nr. 118
Portraits
Beatriz González | Cady Noland | Katja Stuke und Oliver Sieber | Hella GerlachInterview
Regina BarunkePage
FORT »Symptoms of the Universe«Essay
Raimar StangeEdition
Gunter ReskiPortrait
Decoración de Interiores, 1981, Installationsansicht in der Ausstellung Retrospective 1965–2017, KW Institute for Contemporary Art, Berlin, 2018, Foto: Frank Sperling, Courtesy the artist
Textauszug
Beatriz GonzálezBeatriz González begann ihre künstlerische Laufbahn in den späten 1950er Jahren mit einer vergleichsweise traditionellen Malerei, inspiriert u. a. von Jan Vermeer und Diego Velazquez. Doch Mitte der 1960er Jahre beschäftigte die Künstlerin sich mehr und mehr mit populären Bildwelten wie Zeitungsphotos, und fing an sich mit ihrer massenmedialen visuellen Sprache auseinanderzusetzen. González’ Gemälde »Los Suicidas del Sisga No. 2«, 1965, das jüngst in ihrer überzeugenden »Retrospektive 1965 – 2017« in den Berliner KunstWerken zu sehen war, ist ein wichtiges Beispiel hierfür.
González’ bekanntestes Gemälde ist wohl »Telón de boca para un almuerzo«, 1978, in dem die Künstlerin Édouard Manets legendäres Bild »Le Déjeuner sur l’herbe«, 1863, als übergroßes, gleichsam »inflationiertes« Ölgemälde auf einen etwa sechs Meter langen Vorhang übersetzte. Einmal mehr war hier eine Abbildung aus einer Zeitschrift ihr Vorbild. Reinterpretiert hat sie die kunsthistorische Ikone dann wieder in einer beinahe ausgeblichenen Farbigkeit, zudem wurde das allseits bekannte Motiv von ihr fast schon schemenhaft-flächig reduziert. Das erstmals 1978 auf der Venedig Biennale gezeigte Acrylgemälde transformierte Manets Gemälde zu einem quasi schlecht ästhetisierten Bild, das zudem in Form eines Vorhangs, also eines schnöden, alltäglichen Gebrauchsgegenstandes, der eigentlich dazu da ist Dinge zu verbergen und Aufklärung ganz konkret zu verhindern, präsentiert wird.
Noch dezidiert politischer wurde González’ Kunst dann Anfang der 1980er Jahre. Wieder auf einen Vorhang aufgetragen ist das wandfüllende Gemälde »Decoracíon de Interiores«, 1981, das u. a. vor zwei Jahren auf der documenta 14 zu sehen war. Das horizontale Sittengemälde zeigt eine Gesellschaft auf einem Empfang, die illustren Gäste haben Gläser in der Hand, es wird fröhlich ein Lied gesungen. Unter den Gästen der erlauchten Runde präsentiert sich auch der damalige Präsident Kolumbiens Julio César Turbay Ayala, während dessen Herrschaft von 1978 – 1982 das südamerikanische Land von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Guerillas und Militär erschüttert wurde. Angesichts dieser für die Menschen Kolumbiens überaus bedrohlichen Situation zeigt González Partybild, ebenfalls nach einem medialen Bild gemalt, nicht nur den lebenslustigen Zynismus des Präsidenten auf, sondern auch, wie dieser mit Hilfe von glamourösen Selbstinszenierungen in den Medien ablenken wollte von den tiefgreifenden Problemen »seines« Landes.
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