Artist Ausgabe Nr. 118

Portraits

Beatriz González | Cady Noland | Katja Stuke und Oliver Sieber | Hella Gerlach

Interview

Regina Barunke

Page

FORT »Symptoms of the Universe«

Edition

Gunter Reski

Essay

Textauszug

»Mannomann?«
Im letzten Spätsommer startete eine ähnlich gelagerte (Internet)Kampagne unter dem ebenfalls aggressiven Slogan »Pimmelsuppe«, die die Unterpräsentation der Künstlerinnen im Kunstbetrieb thematisierte. Für diese Unterpräsentation wurde wiederum der »weiße Mann« allein verantwortlich gemacht – was dann u. a. den Effekt hat, dass die Rolle von Kuratorinnen, gut 70% der deutschen Kunstvereine werden derzeit von Frauen geleitet, die beileibe nicht immer eine bessere »Frauenquote« haben als ihre männlichen Kollegen, nicht hinterfragt werden braucht. Dringlicher aber erneut die Frage: Handelt es sich bei einer solchen Argumentation nicht wieder um eine kontraproduktive Essenzialisierung, die dann mit ihrer strikten Polarisierung »Frau gegen Mann« zu einem unversöhnlichen Dualismus führt, der, ganz so wie es Hito Steyerl beklagt, Differenzen nicht aufhebt, sondern stabilisiert?! Außerdem: Führt diese Stabilisierung nicht letztlich auch dazu, dass eine wichtige Errungenschaft des feministischen Diskurses im Namen der biologischen Determination wieder unter den Tisch gekehrt wird, nämlich die Feststellung, dass Gender gesellschaftlich konstituiert wird und da weit mehr Optionen denkbar sind als nur die von »Mann versus Frau« - Stichwort: Queerfeminismus. Bei besagter »Pimmelsuppe«-Kampagne führte die Stabilisierung der all zu simplen Gendergegensätzen »folgefalsch« auch noch dazu, dass, wie die Journalistin der »Neuen Zürcher Zeitung« Antje Stahl konstatierte, »sich dann Männer und Frauen wie im Krieg gegenüber stehen« und so konstruktive Lösungen kaum denkbar sind. Solche Lösungen aber sind nötig, denn eine weltweite Frauenquote von nur 30% in Kunstausstellungen ist selbstverständlich nicht zu akzeptieren.

Raimar Stange