vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 61

Portraits

Karim Noureldin | Oystein Aasan | Daniel Maier-Reimer | Matthias Weischer | Francis Alys | Teresa Margolles

Interview

Susanne Titz

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Silke Wagner

Künstlerbeilage

Florian Slotawa

Portrait

Katafalk, 1997, Adhäsion von organischem Material auf Gips, Realisiert mit der Künstlergruppe SEMEFO, Ausstellung: MMK Frankfurt, 23. April bis 15. August 2004, Foto: Axel Schneider, Courtesy Museum für Moderne Kunst, Frankfurt

Textauszug

Teresa Margolles
Für sie sind ihre Insultationen und Werke, die mit Leichen arbeiten und mit den Flüssigkeiten und Stoffen, mit denen die Leichen in Berührung kommen, weder frivol, wie manche Kritiker ihr vorwerfen, noch sucht sie mit ihnen den Skandal und die Sensation, wie andere ihr zum Vorwurf machen. Indem Margolles den Namenlosen Memoriale der Erinnerung in der Kunst schenkt, stemmt sie sich gegen das Auslöschen von Erinnerung und von Geschichte.

Schon der feierliche Titel »Katafalk« (1997), den sie diesen Werken gegeben hat, ist ein Index ihrer Intention. Eher als mit Damian Hirst, sind solche Arbeiten mit Joseph Beuys zu vergleichen, mit einem Werk wie »Zeige Deine Wunde« beispielsweise. Ebenso lassen die Abdrücke an das Turiner Grabtuch oder an das Schweißtuch der Heiligen Veronica denken; wie sie sind sie wahres Abbild, vera icon, einer ausgelöschten Gegenwart.

Die Installationen von Margolles wollen uns aber nicht in erster Linie an unsere eigene Sterblichkeit erinnern, sie wollen die anonymen Toten ehren, indem sie sie in unser Bewusstsein rücken. Und indem die Künstlerin Elemente wie das Wasser, das mit den Toten in Verbindung gestanden hat, auf die Lebenden überleitet, schafft sie eine Transsubstantiation, in der die Toten von den Lebenden ganz buchstäblich durch die Haut aufgenommen werden und so in zyklischer Manier weiterleben: Werden und Vergehen und wieder Werden. Wem das zu mystisch erscheint, der sei auf den Titel ihrer Frankfurter Ausstellung verwiesen: Muerte sin fin, Tod ohne Ende. Natürlich kann man das auch ironisch missverstehen in dem Sinne, dass der gewaltsame Tod in den modernen Megalopolen nicht zur Ruhe kommt und kein Ende nimmt. Aber Margolles meint damit die heilende Wirkung einer Trauerarbeit, die den Toten eine »Stimme« gibt, ihnen einen Platz einräumt in unserem Leben und sie so dem Vergessen und damit dem Tod entreißt. Dieser Umgang mit dem Tod der anderen, nimmt auch dem eigenen Tod einen Großteil seines Schreckens.

Michael Stoeber