Artist Ausgabe Nr. 67

Polemik

Textauszug

»Im Rausch der Emphase«
Das internationale Kunst-Jet-Set, das zur Eröffnung der Biennale angereist war, konnte sich vor dieser Anzeigetafel nur auf sich selbst zurück geworfen sehen, denn die Tafel blieb immer schwarz, auch wenn sie heftigst rackerte, um etwas zeigen zu wollen. »Mandi III«, so der Titel des Werkes des belgischen Künstlers Kris Martin, blieb als Widerwort für die angereiste High-Society eine Ausnahme. Denn soviel Glück im Unglück gab es selten. Zwar widmet sich diese Bundesbiennale unter dem Titel »Von Mäusen und Menschen« den dunklen Seiten des Menschen und der Kunst. Es ist die Rückkehr zur »KUNST«, in doppelten Anführungsstrichen und in Kapitalen, und diese Rückkehr findet auf vielen Seiten begeisternde Zustimmung. Wir sind angekommen und können nicht wieder gehen. Jedenfalls nicht, solange wir nicht die 920 Meter Auguststraße überwunden haben, auf denen sich diese Biennale erstreckt. Dabei verliert sie sich in einzelnen Wohnungen, entdeckt eine Mädchenschule wieder, lässt einen in Pferdeställe treten und findet auch den Weg in einen Spiegelsaal. An anderer Stelle ergäbe diese Reihung das Ortsverzeichnis einer soap-opera.

Thomas Wulffen