vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 100

Portraits

Birgit Megerle | Michael Beutler | Luisa Kasalicky | Anselm Kiefer | Isa Genzken

Portrait

Blick in die Ausstellung: Luisa Kasalicky, »Invitrospektive«, 27. Juni bis 9. August 2014, Courtesy Galerie Nächst St. Stephan, Rosemarie Schwarzwälder, Wien, Foto: Markus Wörgötter

Textauszug

Luisa Kasalicky
Ein leerer transparenter Plexiglassturz auf einem weißen Sockel mit einer schlichten Pflanze in einer kleinen Glasvase darauf gibt der Ausstellung ihren Titel: »Invitrospektive« ist die erste Einzelausstellung der 1974 in Prag geborenen österreichischen Künstlerin Luisa Kasalicky in den Haupträumen der Galerie Nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder in Wien betitelt. 2010 bereits hat sie mit der Ausstellung »Exclusive« das schaufensterartige Login der Galerie im Erdgeschoss bespielt. Der aus den Bestandteilen »in vitro« und »spektive« zusammengesetzte Ausstellungstitel legt es bereits nahe: Hier geht es im übertragenen Sinne um experimentelle Versuchsanordnungen wie im Reagenzglas oder der Retorte, aber auch um das Sehen selbst, das genaue Beobachten, vielleicht auch das Ideal des vollkommenen Durchblicks, den man eigentlich nie erlangen kann.

Begreift sich Luisa Kasalicky jedoch im klassischen Sinne als Malerin? Jedenfalls nicht als eine, die sich ausschließlich auf Leinwand, Pinsel, Öl-, Tempera- oder Acrylfarbe beschränkt. Ihre Arbeit hat sich, obwohl sie zwischendurch immer auch wieder zum klassischen Tafelbild zurückkehrt, längst darüber hinaus entwickelt. Es macht daher Sinn, in Bezug auf ihr Werk von einem erweiterten Malereibegriff zu sprechen. Luisa Kasalicky arbeitet aktuell zum Beispiel mit Stoffen wie etwa in der Arbeit »Intro 2«, die den Auftakt ihrer Wiener Galerieschau bildet. Ein sechsteiliger dunkelblauer Vorhang ist nach ihrer Konzeption mit verschiedenen, teils an Lineaturen, teils an emblematische Darstellungen erinnernden Motiven aus farbigem Garn bestickt worden.

In ihrem von großem Variantenreichtum geprägten Material- und Medienmix greift Luisa Kasalicky sowohl auf Vorgefundenes als auch auf Selbsterzeugtes zurück. Einen zentralen Stellenwert in ihrer Ausstellung bei Rosemarie Schwarzwälder nimmt beispielsweise ein selbst aufgenommenes Schwarz-Weiß-Foto eines kleinen Abschnitts der 4,4 Kilometer langen, von Kastanien gesäumten Praterhauptallee ein, das sie um fünf Uhr morgens gemacht hat. Präsentiert werden die beiden Hälften der diptychonartigen Aufnahme wiederum im Login im von der Gasse einsehbaren Parterre der Galerie. Luisa Kasalicky hängt sie nicht nebeneinander sondern im spitzen Winkel zueinander, was den räumlichen Eindruck noch verstärkt. Das besondere Morgenlicht der Allee, die so etwas wie Unendlichkeit repräsentiert, hat es Luisa Kasalicky angetan. »Ich schaue immer, ob es Sinn macht, welches Medium ich einsetze«, sagt sie. Es ist diese grundsätzliche Neugier und Offenheit gegenüber den Dingen, die ihr begegnen, und die sie, ganz ohne sich von vornherein auf ein bestimmtes Medium festzulegen, pointiert in ihre Arbeit einbaut, die Luisa Kasalickys Werk charakterisiert.

Nicole Büsing / Heiko Klaas