Artist Ausgabe Nr. 63

Portrait

Textauszug

Siegrun Appelt
Helle Lichtkegel wandern langsam über Architekturen und heben Teile der Fassaden hervor. Auf dem Boden bilden sich kleine Inseln, die die zufällig dort anwesenden Passanten dramatisch beleuchten oder sanft akzentuieren. Siegrun Appelts Lichtinstallation »68.719.476.736« für das Hofareal des Wiener Museumsquartiers unterwirft das gesamte Ensemble einer bühnenartigen Lichtregie, bei der vier Lichtmasten mit insgesamt 36 Scheinwerfern die Gebäude und die zwischen Licht und Dunkel flanierenden Besucher plastisch modulieren.
Über ein computergeneriertes Zufallsprogramm ergibt sich eine Choreografie verschiedener Lichtabstufungen, die die physischen Konturen der Häuser und des Platzes überspielen und die Kunst präsentierenden Institutionen selbst in subtil ausgeleuchtete Exponate verwandeln. Licht ist hier nicht einfach Illumination, sondern Quelle und Ursache des Sichtbaren, das konventionelle Wahrnehmungen irritiert. Obschon die Inszenierung des Lichts dieses zur subjektiv erfahrbaren Größe erhebt, ist sie Resultat präziser Rahmenbedingungen: Genau 68.719.476.736 Varianten gibt es im Zusammenspiel der Beleuchtungssequenzen.

Vanessa Joan Müller