Artist Ausgabe Nr. 63

Portrait

Textauszug

John Baldessari
Vor allem mit den Werkserien der letzten zwanzig Jahre, in denen Baldessari souverän Schrift, Fotografie und Malerei miteinander verbindet, verlässt der Künstler die Rolle des Lehrers und wird zum Autor irritierender, surrealer, hermetisch erscheinender Bild- geschichten.
Zuletzt hat er dabei den Einsatz von Schrift weitgehend vernachlässigt, um sich ganz auf die Allianz von Fotografie und Malerei zu konzentrieren. Als opus magnum dieser Mischform muss die im letzten Jahr im Auftrag des Guggenheim Museums entstandene, dreizehnteilige Arbeit mit dem Titel »Somewhere Between Almost Right and Not Quite (With Orange)« gelten, die zuerst in Berlin gezeigt wurde und nun im Neuen Museum Weserburg in Bremen zu sehen ist. Der Titel, wie immer bei Baldessari ebenso sprachspielerisch wie programmatisch, gibt die Richtung vor, in der das Werk zu lesen ist, das aus alten, schwarzweißen, auf Leinwand kopierten und vergrößerten Filmstills besteht, in die der Künstler mit leuchtender Farbe malerisch eingegriffen hat. Es geht um den Raum zwischen den Dingen. Der Künstler, der sich in einem Gespräch mit Meg Cranston einmal als Formalist erklärt hat, dekliniert diesen Zwischenraum in seinem Werk auf verschiedenen Ebenen durch. Auf dem Feld der Farbe steht das die Arbeitdominierende Orange zwischen Gelb und Rot. Daneben beobachten wir die Spannung zwischen Einzelbild und Sequenz, Teil und Ganzem, Vertikale und Horizontale, Farbe und Schwarzweiß, Tafelbild und Architektur, Fotografie und Malerei, Massenmedium und Individualwerk.

Michael Stoeber