vergriffen
Artist Ausgabe Nr. 59
Portraits
Isa Melsheimer | Santiago Sierra | Meuser | The Atlas Group / Walid Raad | Carol Bove | Diana ThaterInterview
Bernd F. KünnePage
Marcel van EedenPolemik
Hans-Jürgen HafnerKünstlerbeilage
Horst MüllerEdition
Rupprecht MatthiesPortrait
Raum, 2003, Detail der Installation,(Textilbahn:benäht und bestickt), Courtesy Galerie Barbara Wien, Sammlung future 7, Berlin, Foto: Roman März
Textauszug
Isa MelsheimerWohnräume und ihre Gestaltung interessieren die 1968 geborene Künstlerin. »Siedlung« (1999), »Behausung« (1999/2000) oder »Städte« (2002), egal ob als kühn angelegter architektonischer Entwurf, als Science-Fiction- artige Wohnutopie, als Hohlraum unter einer Brücke oder als simple, schräg gegen eine Wand gelehnte Platte - die darin lebenden Bewohner eignen sich diese Räume durch ihre individuelle Ausstattung an: Sie erschaffen sich zwischen Decke und Boden eine eigene kleine Welt.
Melsheimer weist ohne erhobenen Zeigefinger auf die repressive Toleranz der Massenmedien hin, die wir durch die Sehschlitze in unseren Schachteln wahrnehmen. Die Künstlerin baut auf die Langsamkeit: Die Bilder müssen dem Zeitstrom entrissen werden und sich setzen. Melsheimers Aneignungen sind niemals anmaßend, die enthaltene Machtgeste ist sehr zurückgenommen. Sie zeigt viele Einzelelemente und arbeitet in ihren Installationen, Stoffbildern und Gouachen einzelne Bereiche sehr detailliert aus, während sie anderes wiederum in bewusst lapidarer Weise stehen lässt. Melsheimer bohrt und seziert nicht, sondern sie zeigt, was sie sieht. Zugleich bewahrt Melsheimer mit der Offenheit dem Betrachter Leerstellen, in denen er seine eigenen Vorstellungen und Phantasien installieren kann. Diese Haltung ist eine subtile, die sehr wohl feministisch interpretiert werden kann. Die geschlechtsspezifische Haltung äußert sich bei Isa Melsheimer auch in einer nuancierten Ironisierung künstlerischer Moden ihrer männlichen Kollegen - so kommentiert etwa eine nüchterne, wie ohne Zusammenhang abseits stehende Tribüne in Melsheimers Installation »Raum« (2003) die zur Zeit verbreitete, männliche Tribünenbau-Manie. Ein humorvolles Lächeln und kein verbiesterter Angriff, der wiederum eine Definition gegenüber vermeintlichen Widersachern bedeuten würde. Melsheimer öffnet uns vielmehr auf leichte und souveräne Weise den Blick für unser Schachtelmann-Dasein.
Sie wollen mehr? Dann bestellen Sie doch direkt diese Ausgabe
> bestellen