vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 59

Portraits

Isa Melsheimer | Santiago Sierra | Meuser | The Atlas Group / Walid Raad | Carol Bove | Diana Thater

Interview

Bernd F. Künne

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Marcel van Eeden

Künstlerbeilage

Horst Müller

Portrait

o.T., 2003, 2 Teile; Stele: 76 x 35 x 25 cm, Stahl, Ölfarbe, 1 leere Weinflasche, Scheibe: Durchm. 36 cm, Tiefe 7,5 cm, Edelstahl, Mennige, Courtesy Galerie Bärbel Grässlin, Frankfurt, Foto: Wolfgang Günzel

Textauszug

Meuser
Emotion und Konstruktion sind in Meusers Objekten gleichermaßen wichtig. Wenn auch das konstruktive Element bei manchen Arbeiten scheinbar die Oberhand gewinnt, so hat das Emotionale jedoch mindestens eben so viel Anteil, ja es ist der Ausgangspunkt, der Anlass. Die konstruktiven Formen, die architektonischen oder auch nur tektonischen Mittel dienen der Sichtbarmachung seines emotionalen Ansatzes. Vorgefundene Alltagsobjekte, meist Teile eines größeren funktionalen Zusammenhangs und nicht extra bearbeitet, und frei zusammen gefügte Materialien bilden mehrteilig, an der Wand oder im Raum auf einander bezogen, eine Arbeit. Dabei ist nicht die pure Form, die formale Präzision einer Struktur das primäre Ziel, sondern ihre Störung durch die Kombination unterschiedlicher Elemente und die Einbeziehung von Farbe.
Meuser betreibt eine Form von Recycling, die Dinge des Alltags mit Fantasie und Poesie zum Nutzen eines neuen Zusammenhangs aufzuladen. Durch sie bleibt eine Ungreifbarkeit erhalten, trotz Erkennbarkeit der einzelnen Materialien, teilweise sogar der früheren Funktion von integrierten Elementen: es entstehen neue Einheiten in einem anderen Ordnungssystem, einer anderen Welt. Irritationen und Brüche sind zentrale Elemente von Meusers künstlerischem Konzept. Die Wahrnehmung einer konkreten Situation scheint durch einfache Elemente leicht möglich, aber die Entschlüsselung ist mühsam, vielschichtig. Die Werke sind präzis, aber vieldeutig, sie sind weder Ausdruck einer neu zu bauenden Umwelt, noch explizite Kritik an der bestehenden. Unsicherheit ergreift den Betrachter bei dem Versuch, die Skulpturen und installativen Bilder zu deuten. Die scheinbar so einfachen Konstellationen aus teilweise gegenständlich beschreibbarer Objekte enthalten sich entziehende, unfassbare poetische Komponen- ten.

Georg Elben